Von Roten Hemden und Weissen Stuetzstruempfen.

Dienstag, 17. August 2010

Ja, er lebt noch

Hier bin ich, mit einem Lebenszeichen meinerseits, ganz vielen neuen Eindruecken und furchtbarer Grammatik und Interpunktion. Da die einzigen deutschen Saetze und Woerter die ich in letzter Zeit gebraucht habe "Hallo" "Arsch" "Ich liebe dich" und, weiss der Teufel warum, "editoriale Textrevision" waren (womit man immerhin schon den durchaus nuetzlichen Satz "Hallo, arsch - ich liebe editioriale Textrevision" formen kann), faellt es mir schon ernsthaft schwer einige mehr oder weniger sinnvolle deutsche Saetze zu stande zu bringen.

Als erstes: Ja, mir gehts gut. Ich hab keine tropische Krankheit, keinen Sonnenbrand und auch keine Lebensabschnittsgefaehrtin - somit sind dafuer schon mal alle Bedingungen erfuellt.
Ich hab in den letzten 2 Monaten (wow, die Zeit rast) ziemlich viel erlebt. Vieles war schoen, einiges unschoen und das meiste einfach nur komisch und abgefahren. Es ist also vielleicht ganz angebracht soetwas wie ein erstes Resumee zu Papier zu bringen.

"Was zum Teufel mach ich eigentlich hier?"
Das ist eine gute Frage. Die Antwort ist denkbar unspektakulaer. Ich geh zur Schule. Und danach nachhause. Und danach ins Bett.
Schule hier ist ziemlich lustig. Egal welches Fach ich habe, der Unterricht laeuft in etwa immer gleich ab. Eine zeitlang kann die Illusion gewahrt werden, dass es tatsaechlich Schueler gibt, die sich fuer den Stoff interessieren. Spaetestens nach 10 Minuten aber fangen die Ersten an Badminton oder Fussball im Klassenzimmer zu spielen. Was den Lehrer aber nicht interessiert, der zieht in der Regel knallhart seinen Unterricht durch. Ist auch mal eine Erfahrung. Wie man Differenzialgleichungen loest lerne ich davon zwar nicht, dafuer aber Thaifloete spielen...im Matheunterricht.

"Schwarz, Rot, Gold..."
...sind hier die Haueser nicht einmal zur WM. Dafuer aber rot, weiss, blau und das ganzjaehrig.
Die Thais sind ein ziemlich stolzes Volk. Wird es in Deutschland wohl am ehesten als "Erregung oeffentlichen Aergernisses" eingestuft, wenn jemand auf die Idee kaeme, eine Statue von Angela Merkel in seinen Garten zu stellen, so finden sich in Thailand ueberall Abbilder des Koenigs wieder. Auf Muenzen, in Parks, auf zahlreichen Gemaelden - es ist schwer der koeniglichen Familie fuer einen Tag zu entgehen. Und das ist auch gut so - da sind sich alle Thais (natuerlich nicht "alle", aber "alle" klingt einfach mal besser als "viele") einig. Die Thais lieben ihren Koenig und seine Familie. Es ist schon fast gruslig, die Begruendung ist immer die gleiche: "weil er so viel fuer uns getan hat". Was "so viel" konkret ist, konnte mir hier noch keiner erklaeren. Ob das an mangelnden Englisch bzw. Thaikentnissen oder an wirklicher Hilflosigkeit liegt, darueber moechte ich kein Urteil faellen. Unabhaengig davon hat sich King Bhumibol Abulyadej die Liebe seiner Landsleute durch zahlreiche gemeinnuetzige Projekte wirklich verdient, die Frage ist nur ob die Thais sich dieser Tatsache bewusst sind.

"Nun sag, wie hast du's mit der Religion"
Gretchen haette hier wenig Spass - die Antwort waere immer diesselbe: "Buddhist." Thailand ist zu 95 Prozent buddhistisch, den groessten Teil der verbleibenden 5 Prozent machen glaeubige Muslime aus. Dennoch der Buddhismus dominiert den Alltag: Es gibt Buddhismus-Unterricht, morgens betet die ganze Schule zusammen diverse buddhistische Credos und wer auch immer sich mal ueber die Bedeutung der thailaendischen Flagge informiert, wird herausfinden, dass der weisse Teil fuer den Thai-Buddhismus steht. Da meine Familie leider wenig glaeubig ist, habe ich hier wenig Beruehrung mit Religion. Das einzige Mal, das ich eine Zeremonie in einen Tempel mit meiner Familie besucht habe, war eher lustig als aufschlussreich fuer mich. Es faellt mir zugegebenermassen nicht ganz einfach, ernst zu bleiben, wenn ein Moench seinen Zuhoerern auf den Kopf haut und mit sichtlicher Freude "PENG!" schreit. Nunja, hoechst verwirrend alles.

"Mai khao djai, mai bpen rai"
Singt Knorkator. "Mai khao djai" Brauch auch ich noch wahnsinnig oft. Bedeutet soviel wie "ich verstehe nicht". Und verstehen tu ich hier wirklich nur sehr wenig. Weder die Sprache, noch die Thais selbst. Es gibt hier ganz viele Braeuche, Sitten und Gepflogenheiten, die fuer die Thais ganz natuerlich sind, die ich aber einfach noch nicht kenne. Deswegen mach ich nach wie vor sehr viele Fehler und trete in tausende Fettnaeppchen. Oft koennen die Thais das verstehen und belaecheln das Ganze mit einem "Mai bpen rai" ("ist nicht weiter schlimm") manchmal muss ich mich aber auch richtig reinhaengen um meine Fehler wieder auszubuegeln. Aber alles in allem sind die Thais sehr nachsichtig und freundlich mit und zu mir.

Ich moechte nur noch hinzufuegen, dass es mir sehr leid tut, dass ich auf viele Nachrichten und Emails noch nicht geantwortet habe, aber es ist ganz selten, dass ich mal Zugang zu funktionierenden Internet habe.
Ich hoffe es ist einigermassen ersichtlich was ich sagen will. Ihr solltet euch bloss bewusst sein, dass der naechste Eintrag noch unverstaendlicher wird.

4 Kommentare:

  1. Ich würde gern etwas von dem erleben, was du wahrnimmst, was dich beeindruckt und was dir inzwischen vertraut ist. Ich bin ohne dich allein.

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  2. Welche Bräuche, Sitten und Gepflogenheiten sind dir aufgefallen? Wenn ich deine Fotos sehe, muss ich immer wieder an den zwei Meter großen New Yorker Börsianer denken, der mit mir bei Anja Tress Tango tanzte. Er war so glücklich, ansteckend glücklich, bei jedem einzelnen Schritt auf dem Parkett und sprach aus, was er sah. Ich hab mich um vieles reicher gefühlt, als ich ihn hörte. Er sah scheinbar alles ganz anders als ich. Ihm zuzuhören machte mich reich: Er vertraute mir. Vorgestern bei Michael Spleth auf SWR3 war eine Pilgerin am Hörertelefon, die gab kaum etwas von dem, was sie erlebt hatte, preis. Schließlich hörten ihr grad drei Millionen Fremde zu. Ich hab herzlich lachen müssen. Zugegeben: Es war Schadenfreude Splethi gegenüber. Kurz danach legte er Schwimmbadgeräusche auf, stoppte die Studiowebcam und spielte WirSindJetztAlleImSchwimmbadAuchWennEsWeitNachMitternachtIst. Wo beginnt Authentizität und wo Vertraulichkeit? Gestern starb Christoph Schlingensief http://www.welt.de/kultur/article9129878/Schlingensief-Tod-des-liebenswerten-Provokateurs.html . Es gibt kaum einen Menschen, der mir nach den wenigen Puzzlesteinen, die ich von ihm kenne, vertrauter ist. Es tut weh, ihn zu verlieren. Hab mir daraufhin Marcus-Barsch-Videos angeschaut, um mich zu beruhigen http://www.youtube.com/watch?v=Kh79ZXqOEV0 . Das dann beim Einwählen nach Bangkok "Kein Anschluss unter dieser Nummer" kam, machte mich wahnsinnig. Du ahnst nicht, wie wichtig es für mich ist, immer und überall zu wissen, dass es dir gut geht.

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  3. Das letzte Das wird natürlich mit Doppel-S geschrieben :(

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  4. xD ich hab mir das gerade bildlich vorgestellt mit dem Mönch und Peng und musste ziemlich lachen...klingt alles ziemlich "interessant"^^...mach mal das die zeit schneller vergeht bis du wieder nach dresden kommst...ohne dabei den genuss deines aufenthalts zu verkleinern

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