Von Roten Hemden und Weissen Stuetzstruempfen.

Mittwoch, 1. Dezember 2010

"Neues Holz brennt nicht, stimmt's?"

Wenn es das ist, was man jemandem vermitteln will, dann ist man in Thailand denkbar schlecht aufgehoben. Das klingt naemlich so "maai (hoher Ton) mai (tiefer Ton) mai (fallender Ton) mai (fallender Ton) mai (hoher Ton)."(ไม้ใหมไม่ไม้มัย) Das ist anfangs wahnsinnig komisch, weil das Hauptaugenmerk bei Deutsch, Englisch oder Franzoesisch ja auf der Aussprache und nicht etwa auf der Tonhoehe liegt. Thai bringt somit einige Schwierigkeiten mit sich,auf die man sich als Europaeer, Nord- und Suedamerikaner, Australier, Afrikaner oder Groenlaender erst einmal einlassen muss. Weil ich immer wieder gefragt werde, wie sich mein Thai denn entwickelt und ob es denn schwer oder ganz anders als deutsch ist - hier eine kleine Einfuehrung in die Welt des Thais - juhu!

1. Die 5 Toene
Das offizielle Thai, welches auch in Bangkok gesprochen wird, hat 5 verschiedene Tonhoehen. Neben den Bangkoker-Thai gibt es noch die Dialekte Lanna (Norden), Isaan (Nordosten) und Dambro (Sueden). Und genauso wie in Bayern nur die wenigsten es verstehen, wenn man sie a la "Mach' de Glotzn 'uff du Arschkrampe!" annoehlt, muessen hier Sprecher zwei verschiedener Dialekte zumindest langsam sprechen um einander zu verstehen. Um sauberes Thai zu sprechen, oder um wenigstens verstanden zu werden, muss man sich als Auslaender ungleich mehr reinhaengen und unzaehlige Sprechgewohnheiten hinter sich lassen. Das kleine Maedchen, was gerade um mich herumhampelt und mich mit grossen Augen anstarrt, versteht mich zum Beispiel ueberhaupt nicht und sagt deswegen immer wieder "Yoooooooooooooouuuuu".

Ich hab' also auch so meine Problemchen mit Thai und Thais. Oft kommt es vor, dass ich das Vokabular fuer das, was ich gerade sagen moechte eigentlich kenne, heisst ich weiss wie man es ausspricht, aber mich nicht an den zugehoerigen Ton erinnern kann. Meine Freunde verstehen mich haeufig auch mit der falschen Tonlage, wenn ich mit Fremden spreche, wird es schon wieder schwierig. Die Tonhoehen sind also:

- der mittleren Ton, den man mit monotoner Stimme spricht

- der tiefen Ton, den man tiefer als den Mittelton beginnt und gegen Ende der Silbe absaenkt

- der fallende Ton, den man hoch beginnt und in einer relativ tiefen Stimmlage endet

- den hohen Ton, den man auf der gleichen Hoehe wie den fallenden Ton beginnt, die Stimme jedoch hebt und nicht absaenkt

- den steigenden Ton, den man auf einer mittleren Hoehe beginnt und dann die Stimmlage hebt

Das waehrend einer Unterhaltung anzuwenden, wenn man eigentlich nur Bruchteile einer Sekunden zum Ueberlegen hat, ziemlich fies. Aber was soll's, wie in so vielen Faellen - die Uebung machts!

2. Das Thai-Alphabet
Thai unterscheidet sich nicht nur im Gesprochenen vom Deutschen, sondern besitzt auch ein ganz eigenes Schriftsystem. Insgesamt umfasst das das Thai-Alphabet 44 Konsonanten und 16 Vokale (plus x weitere zusammengesetze Diph- und Triphtonge). Die Konsonanten haben ganz lustige Namen - also so wie wir zu dem Laut 'b' "Be" sagen, gibt es fuer die Thai-Konsonanten ein bisschen komische Namen, die, anders als im Deutschen, nicht identisch mit deren Laut ist. So heissen die Buchstaben hier zum Beispiel: ส - Affe, ค - Bueffel, ย - Gigant (also so ein Monstrum, was immer fies schaut) oder ถ - alter Mann. Was ausserdem auffaellig ist, ist dass es, aufgrund der Vielzahl an Konsonanten, mehrere Buchstaben fuer den selben Laut gibt. Ein 't' kann man deshalb als ท, ถ, ฐ, ธ oder ฑ schreiben. Manche der Konsonante unterscheiden sich voneinander, weil sie mit dem selben Vokal kombiniert, eine andere Tonhoehe ergeben. Manche sind wiederrum in jeder Hinsicht gleich.
In anbetracht dieser Tatsache, eruebrigt sich eigentlich, dass Thai zu schreiben, sehr schwer ist. Dadurch, dass es auch noch verschiedene Zeichen gibt, die den Ton einer Silbe veraendern koennen, gibt es unzaehlige Moeglichkeiten, ein Wort, dessen Laut man kennt, aufzuschreiben. Aber wie ueberall gibt es auch im Thai Faelle die haeufig und welche die seltener auftreten. Man entwickelt also ein Gespuer dafuer, was wahrscheinlich die richtige Variante ist. Eine Garantie dafuer, dass das was man schreibt richtig ist, gibt aber nur das Woerterbuch.

3. Die 5 Sprachstufen
Ein Problem was mir im Alltag zwar relativ selten begegnet, fuer manche Thais aber durchaus akut sein duerfte, besteht in den verschiedenen Stufen des Thais. Durch die jahrhundertlange hierarchisch gepraegte Gesellschaftsstruktur haben sich verschiedene Ebenen des Thais heraus gebildet.

Phasa-phuud - die gesprochene Sprache

Im Grunde die Sprache, die ich spreche. Wird mit Freunden und Verwandten verwendet. Es werden keine Hoeflichkeitspartikel benutzt (s.u.)

Phasa-khian - die geschriebene Sprache

Etwas gehobener als 'Phasa-phuud'. So spricht man in der Regel mit Fremden, Lehrern und aelteren Mitschuelern (da ich in Mattayom 6, sprich der 12. und damit Abschlusslasse bin, benutz ich sie eigentlich nie mit Schuelern in der Schule). Hoeflichkeitspartikel werden in der Regel verwendet.

Phasa-Radschagaan - die Sprache des Staates

Wird in der Regel fuer Nachrichten, Radioansagen und andere oeffentliche Reden verwendet.

Phasa-Radschasap - die koenigliche Sprache

Sehr, sehr viele Hoeflichkeitspartikel und anderes Vokabular. Wird verwendet um Angelegenheiten zu besprechen, die den Staat oder Koenig betreffen

Die Moenchssprache

Anderes Vokabular. Wird von Moenchen verwendet. Mehr weiss ich (und wikipedia) dazu leider nicht (:

4. Hoeflichkeit
Vieles in meinen Alltag hat mit Unterordnung und Hoeflichkeit zu tun und Kommunikation in Thailand funktioniert in vielerlei Hinsicht anders als in Deutschland. So etwas wie die Montessori- oder Waldorfschule, wo Schueler ihre Lehrer dutzen, scheint mir undenkbar in Thailand. Man ist hier weniger direkt, umschreibt mehr als es auszusprechen. Damit meine ich jedoch nur die aelteren Generationen, die Jungens und Maedels sind nicht besonders diskret (: Wenn man sich also mit einen Lehrer oder einer aelteren Person unterhaelt, dann darf man eines auf keinen Fall vergessen: "krap" (oder "ka" fuer Maedchen). Das Wort als solches hat keinerlei Bedeutung, macht einen Satz aber, dadurch, dass es am Ende angehaengt wird, hoeflich, ein Hoeflichkeitspartikel also (s.o.). Aus "Du Volldepp" quasi "Sie Volldepp". Das ist ganz lustig - wenn man denn in einer Unterhaltung gar nichts versteht, weiss man wenigstens ob das Gegenueber hoeflich ist oder nicht.

5. Pi's und Nong's
Haette ich je den Wunsch gehegt, neben meiner wunderbaren Schwester, noch kleine oder grosse Brueder zu haben, waereich hier ziemlich gluecklich geworden. Ein weiterer Aspekt des gesprochenen Thais ist es naemlich, Jugendliche die mehr als ein Jahr aelter (oder in einer hoeheren Klassenstufe) sind, dann sind als "Pi" 's zu bezeichnen. Das bedeutet so viel wie grosser Bruder/grosse Schwester. Die Kleinen wiederrum sind "Nong" 's. Ich bin also Pi-Tim. Das ist ziemlich cool und schafft tatsaechlich ein starkes Gemeinschaftsgefuehl unter (ich kann es ja nur im Umfeld der Schule betrachten) Schuelern. Man hat halt eine gewisse Verantwortung fuer all die kleinen Nong's die durch die Schule springen. Wir sind hier halt alle eine grosse Familie, ne?